Augenfarben bei Katzen

Gelb, grün, kupfer, blau - wie hätten wir es denn gerne?

Bei Deutsch Langhaarkatzen hat sich seit Kurzem das Spektrum der Augenfarben erweitert.  Was hat es mit den unterschiedlichen Augenfarben bei Deutsch Langhaarkatzen auf sich und wo kommen die auf einmal her? Laut Standard sind bei der Rasse alle Augenfarben erlaubt, wobei die Verfasser des Standards sicher nicht daran gedacht hatten, dass neue Augenfarben in die alte Rasse eingeführt werden könnten. Was weiß man über die neue Mutation? Warum lehnen die Züchter der IG DLH Zuchtexperimente mit dem Altai- oder Topaz-Gen für blaue Augen für die DLH ab? Um ein paar Antworten darauf zu finden, braucht es gewisse Grundkenntnisse.

Wie entsteht die Augenfarbe?


Wie beim Menschen gibt es bei Katzen verschiedene Augenfarben. In der Regel sind Augen von Hauskatzen blassgelb bis grün in den unterschiedlichsten Schattierungen. Dies hängt davon ab, wie viel Melanin von pigmentbildenden Zellen (Melanozyten) in die Zwischenschicht der Iris und in der Rückseite der Iris eingelagert wird und wie diese Zellen angeordnet sind. Bei Zuchtkatzen sind auch orangefarbene bis braune Augenfarben möglich.

Welche Farbe die Iris zeigt und wie intensiv sie ist, wird grundsätzlich von der Anzahl der pigmentbildenden Zellen (Melanozyten) im Auge und der menge an Pigment, die sie bilden, beeinflusst. Sind keine pigmentbildenden Zellen vorhanden (epistatisches Weiß) oder besteht ein erblicher Defekt in der Fähigkeit der Zellen Farbpigmende zu bilden (Albinos), sieht die Iris blau oder in seltenen Fällen (Albinos) rot aus, weil die Farbe der Blutgefäße im Augenhintergrund durchscheint. Eine geringe Zahl von pigmentbildenden Zellen ergibt grün, eine hohe Zahl orange. Je mehr Pigment von diesen Zellen gebildet wird, desto intensiver ist der Farbton. Dadurch kann Grün von einem fahlen Blassgrün bis zu einem kräftigen Tiefgrün variieren. Entsprechend reicht das Gelbspektrum von Blassgelb über Bernstein bis hin zu einem kräftigen Kupferton. Die Aktivität der pigmentbildenden Zellen ist genetisch determiniert, so dass man durch gezielte Zucht die Augenfarbe beeinflussen kann.

Zusätzlich spielt es noch eine Rolle, wie das Licht von den unterschiedlichen Schichten der Iris gebrochen und reflektiert wird.

Kätzchen werden mit blauen Augen geboren, weil noch sehr wenig Pigment in die Iris einglagert ist. Die blaue Farbe wird bei ihnen durch Lichtbrechungseffekte und eine sehr dünne Pigmentschicht auf der Rückseite der Iris verusacht. Ab etwa 6 Wochen verschwindet die blaue Farbe und die Iris beginnt sich vom inneren Rand aus durchzufärben. Es dauert bis zu 2 Jahren, bis Katzenaugen die endgültige Farbe zeigen.

     

 


Augenfarben von Blau bis Bernstein

 

Blaue Augen bei Katzen

Die blaue Augenfarbe ist bei Katzen meist ein Nebeneffekt der Fellfarbe und nicht wie bei Menschen oder Huskies die Folge von speziellen Genen, die in erster Linie die Augenfarbe beeinflussen.

Grundsätzlich haben alle Katzen mit dem Siam-Pointgen blaue Augen. Dieses Gen führt dazu, dass die normale Fellfarbe nur in Zellen gebildet werden kann, deren Temperatur etwas unter der normalen Körpertemperatur liegt. Ungeborene Kätzchen sind überall von der Körpertemperatur der Mutter umgeben und deshalb kommen pointfarbene Kitten weiß zur Welt. Vor allem das Fell in Bereichen, die relativ kühl sind wie Ohren, Schwanz und Pfoten, wird dann nach und nach pigmentiert. In der Iris ist aufgrund der hohen Temperatur keine Pigmentbildung durch die dort vorhandenen Melanozyten möglich.
Ein weiterer Grund für blaue Augen ist bei epistatisch weißen Katzen der Mangel an pigmentbildenden Zellen in der Haut. Die meisten weißen Katzen sind keine Albinos, d.h. bei ihnen ist nicht die Fähigkeit zur Pigmentbildung verloren gegangen, sondern die pigmentbildenden Zellen wandern in der Embryonalentwicklung nicht von der Neuralleiste in den Rest des Körpers ein. Dort, wo sie vorhanden sind, können sie Farbpigmente bilden, weshalb die Iris bei ihnen nicht nur blau, sondern auch gelb oder grün sein kann.

Wandern die pigmentbildenden Zellen beim Embryo nicht in den Bereich des Innenohrs ein, können sich die Hörsinneszellen nicht normal entwickeln. Das führt dann zu völliger oder teilweise Taubheit.  Da die Wanderung der pigmentbildenden Zellen sowohl für die Färbung der Iris als  auch die Ausbildung einer normalen Hörfähigkeit Voraussetzung ist, ist es kein Wunder, dass weiße, blauäugige Katzen wesentlich häufiger taub sind als weiße Katzen mit einer anderen Augenfarbe.

Auch bei der Weißscheckung ist die Wanderung der pigmentbildenden Zellen im Embryo zu einem gewissen Grad gehemmt. Dies kann bei Katzen mit einem hohen Weißanteil vor allem am Kopf ebenso zu blauen Augen führen.

  
Verschiedene Augenfarben bei
epistatisch weißen Katzen
  

Ojos Azules

In Amerika tauchten in den 1980er Jahren Katzen mit kornblumenblauen Augen auf, deren Augenfarbe dominant und unabhängig von der Fellfarbe vererbt wurde. Oft hatten sie eine minimale Weißscheckung und eine weiße Schwanzspitze. Auch die Schädelform war leicht verändert. Der Nasenrücken zwischen den Augen war etwas breiter als normal und der innere Ansatz der Oberlides tiefer.  Die Rasse wurde 1992 von der TICA zur Registrierung zugelassen. Allerdings war eine Reinzucht nicht möglich, da Katzen, die von beiden Eltern das Gen für blaue Augen geerbt hatten, schwere Schädigungen zeigten und tot geboren wurden. Sie hatten ein ganz weißes Fell und wiesen Missbildungen des Schädels auf.  Der Schwanz war kurz und gekringelt, als wäre die Entwicklung nicht vollständig abgelaufen. Aufgrund der gesundheitlichen Nebenwirkungen des zugrundeliegenden Gens konnte sich die Rasse nie durchsetzen.


Altai/Topaz/Celeste

Vor etwa 20 Jahren tauchten im Osten von Kasachstan ebenfalls Hauskatzen auf, deren blaue Augenfarbe unabhängig von der Fellfarbe vererbt wurde. Auf diesen Katzen und weiteren blauäugigen Katzen aus Russland beruht die Zucht der als Altai, Topaz oder British Celeste bezeichneten heutigen blauäugigen Katzen. Ähnlich wie bei den Ojos Azules zeigen die Katzen neben blauen Augen eine minimale bis deutliche Weißscheckung sowie eine leicht veränderte Schädel- und Augenform. Homozygote Katzen sind meist taub und es kommt bei einigen Katzen zu einem frühzeiten Ergrauen der Haare und ungewöhnlichen Effekten auf die Fellfärbung (Panda-Färbung). 

Inzwischen wurden auch in anderen Ländern blauäugige Katzen in die Zucht genommen und das Gen in einige Rassen wie Perser, Munchkin, Bumilla und der Deutsch Langhaar eingekreuzt.

Das für die Merkmale verantwortliche Gen ist unvollständig dominant mit variabler Ausprägung. D.h. bei den Nachkommen, die dieses Gen von einem Elternteil geerbt haben, hat es in unterschiedlichem Ausmaß eine Auswirkung auf die Augenfarbe und Fellfarbe.

 
Ojos Azules
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ojos_Azules.jpg
 

Berlioz

Berlioz

Toulouse

Toulouse
Toulouse und Berlioz sind die zwei Lieblinge von Sandra Palm. Sie hat freundlicherweise die Bilder zur Verfügung gesteltt. Die beiden Kater wurden im Tierheim in Berlin geboren. Berlioz ist leider taub.
Instagramaccount von Toulouse und Berlioz.
Genetik

Inzwischen weiß man, dass bei Katzen Colorpoint, epistatisches Weiß und Weißscheckung durch ganz unterschiedliche Mutationen des KIT-Locus verursacht werden. Dieses Gen beinhaltet in seiner normalen Form die Anweisung für den Bau von Eiweißen, die als Liganden des Tyrosinkinase-Rezeptors wirken. Sie erfüllen wichtige Aufgaben in der Kommunikation zwischen Zellen.
Die durch die KIT-Eiweiße kontrollierten Signalketten steuern viele wichtige Zellprozesse wie Zellwachstum und Teilung sowie Überleben und Wanderung von Zellen. Sie sind essentiell für die Entwicklung und Funktion bestimmter Zelltypen wie Keimzellen, blutbildenden Zellen, weißen Blutkörperchen, bestimmten Zellen des Verdauungtraktes und den pigmentbildenden Zellen, die Melanocyten genannt werden.

Bei Point, Weißscheckung oder epistatischem Weiß sind die Auswirkungen auf die Bildung der Farbpigmente bzw. auf die Wanderung der Melanozyten beschränkt. Vor allem bei epistatisch weißen Katzen besteht ein Risiko für Taubheit, das jedoch durch die Wahl der Eltern und Zucht auf Hörfähigkeit stark gesenkt werden kann.

Schon seit langem ist diese Verbindung zwischen der verringerter Pigmentierung der Haare und Taubheit bei vielen Säugetieren wie Maus, Hund, Pferd, Ratte Hamster oder auch dem Menschen beobachtet worden. Beim Menschen wird diese Kombination aus Pigmentstörungen und blauer Augenfarbe beim Waardenburg-Syndrom 1 und 2 beschrieben.

Beim Waardenburg-Syndrom 2 kann die Ursache wie bei Katzen eine Mutation im KIT-Locus (oder anderer Gene wie SNAI2, MITF, SOX10 oder EDNRB) sein. Wie bei weißen oder weißgescheckten Katzen kommt es beim Menschen zu Taubheit, Pigmentstörungen und blauen Augen oder Heterochromie (verschiedenfarbige Augen).

Das Waardenburg-Syndrom 1 wird beim Menschen dagegen durch eine Mutation eines anderen Gens, des PAX3-Gens verursacht, obwohl es auf den ersten Blick ähnliche Merkmale wie Pigmentstörungen, blaue Augen und Taubheit zeigt. Typische Auswirkungen sind außerdem ein großer Abstand zwischen den inneren Augenwinkeln, eine kurze Nase, ein vorstehendes Kinn, frühzeitiges Ergrauen, verringerte Tränenproduktion und ein tiefer angesetzter oberer Augenlidansatz sowie weitere Merkmale. Die PAX-Gene spielen eine wichtiges Rolle bei der Bildung von Geweben und Organen während der Embryonalentwicklung. PAX3 ist in dieser Zeit vor allem in Zellen der Neuralleiste aktiv. Diese Zellen wandern vom sich entwickelnden Rückenmark in bestimmte Regionen des Embryos. Die durch PAX3 codierten Eiweiße steuern die Aktivität anderer Gene, die Stammzellen der Neuralleiste signalisieren spezielle Gewebe oder Zelltypen zu bilden wie  z.B. bestimmte Gewebe des Nervensystems oder Melanozyten. Die PAX3-Eiweiße sind ebenfalls für eine normale Entwicklung der Gesichtsknochen und der Schädelknochen nötig.


Waardenburg-Syndrom 1
Quelle: https://wiki.ubc.ca/File:Waardenburg_Syndrome_Type_1_(WS1).jpg

Die Mutation, die die blaue Augenfarbe der Altai oder Topaz verursacht, ist noch unbekannt. Allerdings ähneln die Auswirkungen eher dem Waardenburg-Syndrom 1 beim Menschen, als das bei Point, Weißscheckung oder dem epistatischen Weiß der Fall ist.

Da man noch wenig über diese Mutation weiß, wäre es sehr wünschenswert, wenn das Einkreuzen der Gene für blaue Augen wissensschaftlich begleitet würde, um die volle Ausprägung der Mutation zu erfassen. Auch ist nicht klar, ob die blaue Augenfarbe der Katzen, über die das Gen in verschiedene Rassen eingeführt wurde, auf derselben Mutation beruht. Deshalb und auch weil das Gen eine unvollständige Penetranz zeigt, wäre es hilfreich, die Mutation eindeutig durch Gentests identifizieren zu können.

Da man einfach noch sehr wenig über die Mutation für Altai oder Topaz weiß und die DLH über einen extrem kleinen Genpool verfügt, lehnen die Züchter der IG DLH die Zucht mit dieser Mutation ab. Sollten gesundheitliche Probleme daran geknüpft sein, könnte dies die Bemühungen der letzten 15 Jahre, eine gesunde und genetisch vielfältige DLH-Zuchtpopulation aufzubauen und gleichzeitig das Erbe der ursprünglichen DLH zu bewahren, zunichte machen.

Völlig anders sieht dies bei einer Rasse mit einer sehr großen Zuchtbasis, wie den Briten oder Persern, aus. Hier müssen im schlimmsten Fall einzelne Linien aus der Zucht genommen werden, was keinen Einfluss auf die gesamte Rasse hat.

 

Autor: Dr. Silke Sandberg